F&A: Wer zahlt für die Sünde?

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Frage: Wer zahlt für die Sünde?

Was bedeutet es, wenn die Bibel sagt, dass Gott die Sünden der Väter bis zur dritten und vierten Generation an denen heimsucht, die ihn hassen (vgl. 2. Mose 20,5)? Widerspricht dies nicht anderen Bibelstellen, wie zum Beispiel 5. Mose 24,16, wo es heißt, dass die Kinder nicht für die Sünden der Väter sterben sollen, „sondern ein jeder soll für seine Sünde sterben“?

Antwort:

Diese Frage hat viele über Jahre hinweg verwirrt. Um den Zusammenhang der Textstelle in 2. Mose 20,5 richtig zu verstehen, müssen wir sie im Zusammenhang lesen, angefangen mit dem vierten Vers:

„[4] Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen […] [5] Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht an den Kindern derer, die mich hassen, [6] aber Barmherzigkeit erweist an vielen tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.“

Ähnliche Textpassagen finden wir in 2. Mose 34,6.7; 4. Mose 14,18 und 5. Mose 5,8-10.

Ferner sagen Bibelstellen wie 5. Mose 24,16 und 2. Könige 14,6 aus, dass Kinder nicht für die Sünden ihrer Väter sterben sollen. Auch Hesekiel 18,4.17.19.20 verdeutlicht dies: „[4] Denn siehe, alle Menschen gehören mir; die Väter gehören mir so gut wie die Söhne; jeder, der sündigt, soll sterben […] [17] [Der gerechte Sohn] soll nicht sterben um der Schuld seines Vaters willen, sondern soll am Leben bleiben […] [19] Doch ihr sagt: ‚Warum soll denn ein Sohn nicht die Schuld seines Vaters tragen?‘ Weil der Sohn Recht und Gerechtigkeit geübt und alle meine Gesetze gehalten und danach getan hat, soll er am Leben bleiben. [20] Denn nur wer sündigt, der soll sterben“ (vgl. ebenso Exodus 32,31-33).

All diese Textpassagen widersprechen sich nicht im geringsten; vielmehr ergaenzen sie sich. Sehen wir uns einige Kommentare an, die die Verse in 2. Mose 20 und Hesekiel 18 erklären:

Die Companion Bible erläutert Hesekiel 18,4.20 wie folgt: „Nachkommen sollen nicht für die Sünden ihrer Vorfahren bestraft werden, es sei denn, sie setzen deren Sünden fort.“

Derselbe Gedanke ist in 2. Mose 20 angedeutet, wo von „den Kindern derer, die mich hassen“ gesprochen wird. Soncino deutet dieses zuvor erwähnte Zitat als eine Strafe von Gott für jene Kinder, die ihn hassen. Die Strafe würde aber nur über die Kinder kommen, „wenn sie die Sünden ihrer Väter fortführen.‘

Jene, die Gott hassen, werden von Gott „heimgesucht“. Das muss nicht heißen, dass sie sterben werden. Jene, die Gott lieben, werden seine Gnade empfangen. Dabei hat das Verhalten der Eltern sehr viel mit der Tatsache zu tun, ob ihre Kinder oder Enkelkinder Gott lieben oder hassen.

Die Sünden der Väter wirken sich auf künftige Generationen aus, und so auch die Strafe für die Sünden, die eine automatische Konsequenz darstellt. Soncino erklärt, dass sich die „Auswirkungen der Bestrafung dem Sünder selbst und noch der vierten Generation aufbürdet.“ Die Neuen Kommentare zur Heiligen Schrift, S.P.C.K., 1951, besagen: „Es ist ein ewiges Gesetz der menschlichen Gesellschaft, dass Kinder unter den Übertretungen ihrer Väter leiden.“ Dies zeigt, dass sich Eltern über die Konsequenzen ihrer Taten nicht nur ihretwegen bewusst sein müssen, sondern auch um ihrer Kinder, Enkelkinder und um der zukünftigen Generationen willen (Ein falscher Lebensstil vermag sich auch auf die Nachkommen auszuwirken — dies ist auch im physischen Sinne zu verstehen).

Solange beispielsweise ein Elternteil ein bekehrter Christ ist, ist dessen Kind geheiligt (vgl. 1. Korinther 7,14). Das Kind kann also Zugang zu Gott haben. Wenn beide Elternteile das Christentum ablehnen und vom Glauben abfallen, ist der Zugang der Kinder zu Gott nicht mehr garantiert und verschwindet möglicherweise vollständig. Wir erinnern uns an Lots loyal-gerechten Sinn und die daraus resultierende Rettung seiner Töchter durch Gott, sowie an Davids Ehebruch, der den Tod seines Kindes bewirkte (vgl. 2. Samuel 12,13.14.19-23). Es ist zu verdeutlichen, dass nicht Davids Kind schuldig und somit seine Bestrafung erforderlich war. Gott bestrafte lediglich David für sein Vergehen. Das unschuldige Kind wird zu einer Zeit des Friedens durch Gott wieder zum Leben erweckt werden, wenn Vorurteile und Hass gegenüber unehelichen Kindern (siehe Richter 11,1.2), die nichts für ihr verhängnisvolles Schicksal können, der Vergangenheit angehören.

Als Adam und Eva sündigten, traf die Strafe die ganze Menschheit. Durch ihr Vergehen loesten sie die geistige Verbindung zwischen Gott und allen Menschen auf. Sünde scheidet uns von Gott (siehe Jesaja 59,1.2). Da alle Gottes Gesetzen zuwiderhandelten, haben alle die Todesstrafe für ihre Sünden auf sich geladen (vgl. Römer 5,14). Die Sünde Adams und Evas betraf noch die dritte und die vierte Generation, während Kains Brudermord sich wiederum auf die nächsten vier Generationen auswirkte, und so weiter. Die Wirkung von Sünde ist kumulativ. Sie war so allgegenwärtig geworden, dass sich Gott schließlich entschied, die ganze Welt in einer Flut zu vernichten.

Christus akzentuierte in Matthäus 23,31-36, wie sich das Gebot in 2. Mose 20,6 an den Schriftgelehrten und Pharisäern erfüllte, indem er den schlechten Einfluss der Eltern durch die Beständigkeit ihres Hasses zu Gott aufzeigte.

Der Teufelskreis der Sünde, der Bestrafung und des Todes kann durch die Bekehrung und aufrichtige Reue einer Person unterbrochen werden. Noah war ein gerechter integerer Mann. Wegen seiner Treue zu Gott wurden acht Menschenleben vom Tode verschont, wodurch die Menschheit weiterbestehen konnte. Gottes Barmherzigkeit wirkte sich durch Noah auf „Tausende“ aus. Durch Abrahams rechtschaffene Treue erfuhren „Tausende‘ Gottes Barmherzigkeit, die ihm vorbehaltlos versprochen wurde und in nationaler, sowie geistiger Größe Ausdruck fand. Wegen Gottes Erbarmen gegenüber dem gehorsamen David wurde seine Nachkommenschaft mit einem Platz auf seinem Thron gesegnet. Auch die Prostituierte Rahab rettete ihre Familie und somit ihre Nachkommen dank ihrer gerechten Tat, indem sie die Spione schützte und dadurch Gottes Barmherzigkeit auf sie ausweitete.

Das herausragendste Beispiel von Gottes Barmherzigkeit, die sich auf einen Menschen übertrug und sich durch diesen Menschen auf „Tausende“ auswirkte, war Jesus Christus. Durch sein Opfer und seinen Tod können wir gerettet werden, wenn wir auf Gottes Ruf reagieren. Obwohl die ganze Menschheit, durch die Sünden Adams und Evas, ein Feind Gottes geworden ist, kann sie sich zu Gott bekehren aufgrund der Rechtschaffenheit eines Mannes, Jesus Christus, dem zweiten Adam. Nur wenige sind heute dazu auserwählt, zu Gott zurueckzukehren, aber allen wird zu ihrer Zeit die Gelegnehit gegeben werden, Gottes Liebe und Erbarmen anzunehmen (vgl. 1. Korinther 15,23.24).

Wenn Gott uns sagt, dass sich seine Gnade auf „Tausende“, die ihn lieben, ausweitet, spricht er von dem unglaublichen Potential des Menschen, ewig zur Gottesfamilie gehören zu können. Beachten wir die Übersetzung der jüdischen Bibel von 2. Mose 20,6: „[…] aber Erbarmen erweist an der tausendsten Generation derer, die mich lieben und meine Gebote halten.“

Selbst wenn man alle Generationen von der Erschaffung Adams bis zum Weltgericht vor dem großen, weißen Thron (vgl. Offenbarung 20,11.12) zusammenzaehlt, wird man keine tausend Generationen erhalten. Hier ist also der Gedanke so zu verstehen, dass jeder, der Gott liebt und seine Gebote hält, Gottes Liebe und Barmherzigkeit empfangen wird, dank der Liebe und dem Gehorsam seiner Vorfahren, einschließlich Noahs, Abrahams, Davids und natürlich Jesu Christi. Besonders durch Christus, der Gottes Gesetze unfehlbar hielt und Gott, seinen Vater, über alles liebte, kann sich Gottes Liebe und Barmherzigkeit auf uns alle erstrecken, wenn wir den Fußtapfen Christi nachfolgen (siehe 1. Petrus 2,21). Wenn wir uns an Gottes Wort halten, steht unserem Eintritt in das ewige Reich und der ewigen Gottesfamilie nichts mehr im Wege (vgl. hierzu 2. Peter 1,10.11).