Rechenschaft gegenüber Gott

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Gelegentlich hört man den Satz: „Sei dir selber treu.“ Vielleicht wurde er im Zusammenhang mit Ratschlägen für die Karriere oder das Leben verwendet. Allerdings gehen viele Menschen davon aus, dass dieses Zitat aus der Bibel stammt. Wäre dem so, dann hätte es vermutlich nicht den Beiklang, den die Menschen damit assoziieren. Es kann dahingehend interpretiert werden, dass man „sein eigenes Ding“ machen soll, und angesichts des Verfalls der Gesellschaft kann man sich lebhaft vorstellen, was manche darunter verstehen. In Wirklichkeit entstammt das Zitat einem Klassiker von Shakespeare: Hamlet. Während Shakespeare zwar mit der Bibel vertraut war und über 2000 Bibelverse in seinen Stücken und Schriften verwendete, so ist doch dieses Zitat keines von ihnen. Als wahre Christen wissen wir, dass unsere Aufgabe vielmehr lautet: „In unserer Beziehung zu Gott müssen wir treu sein.“ Damit ist eine Verantwortlichkeit gemeint – die Rechenschaftspflicht gegenüber Gott.

Vor vielen Jahren arbeitete ich als Zivilist in einer Marinewerft, die wir zu einem Gewerbegebiet umgestalteten. Wir hatten ein Unternehmen, das Schiffsreparaturen für die Marine durchführte. In den Jahren, in denen ich dort tätig war, habe ich einige harte Lektionen gelernt. Manche betrafen mich direkt, andere wiederum lernte ich, indem ich die Vorgänge rund um den Komplex aufmerksam beobachtete. Ich lernte, dass der befehlshabende Offizier auch dann für alles verantwortlich war, was auf seinem Schiff oder in dessen unmittelbarer Umgebung geschah, wenn sich das Schiff im Trockendock befand und überholt wurde.

Es geht mir keineswegs darum, den Militärdienst zu loben oder dafür zu argumentieren, denn wir wissen, dass dies gegen Gottes Gesetz verstößt. Es geht darum, dass die Rechenschaft für die eigenen Handlungen eine ernste Angelegenheit ist. Diese zu ignorieren ist ein Affront gegen Gott und gegen sein Gesetz. Auf einem Schiff, das gerade repariert wurde, kam es zu einem kleinen Brand, der wahrscheinlich durch einen Schweißbrenner verursacht wurde. Ich erfuhr, dass der Kommandant trotz der Tatsache, dass das Schiff im Dock lag und nur eine Notbesatzung an Bord hatte, disziplinarisch belangt und wahrscheinlich degradiert oder für die nächsten Jahre in seinem bisherigen Rang festgesetzt werden würde. Dies erschien mir als eine harte Konsequenz, aber ich begriff, dass solche Standards dazu dienen, Strenge, Disziplin und Verantwortlichkeit zu vermitteln. Wenn wir uns höhere Standards setzen, als unsere menschliche Natur normalerweise anstrebt, dann müssen wir uns allein auf Gott verlassen. Es ist sein Standard, dem wir gerecht werden müssen.

Wir wissen, dass wir als wahre Christen in unserer Beziehung zu Gott diesem hohen Standard unterworfen sind. In Römer 14,10-13 lesen wir, dass wir alle vor Gott Rechenschaft ablegen müssen. Paulus fordert uns auf, uns nicht gegenseitig zu verurteilen, denn wir werden alle das Gericht unseres Schöpfers erleben, der alles prüfen wird, was wir getan und unterlassen haben. Beachten Sie die Worte des Paulus: „Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder du, was verachtest du deinen Bruder? Wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden. Denn es steht geschrieben: ‚So wahr ich lebe, spricht der Herr, mir sollen sich alle Knie beugen, und alle Zungen sollen Gott bekennen.‘ So wird nun jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben. Darum lasst uns nicht mehr einer den andern richten; sondern richtet vielmehr darauf euren Sinn, dass niemand seinem Bruder einen Anstoß oder Ärgernis bereite.“

Als weitere Richtline dienen uns die Worte Jesu Christi in Matthäus 12,33, die hinsichtlich der Frucht des Baumes verdeutlichen, dass ein schlechter Baum schlechte Früchte hervorbringt und es sich im umgekehrten Falle ebenso verhält: „Nehmt an, ein Baum ist gut, so wird auch seine Frucht gut sein; oder nehmt an, ein Baum ist faul, so wird auch seine Frucht faul sein. Denn an [seiner] Frucht erkennt man den Baum.“ Jesus führt das in Matthäus 12 weiter aus und weist darauf hin, dass wir alle für unser Handeln und Denken Rechenschaft ablegen müssen sind. Wir sehen das in Matthäus 12,36-37: „Ich sage euch aber, dass die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie geredet haben. Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden.“

Paulus, von dem wir annehmen, dass er der Autor des Hebräerbriefs ist, erinnert uns daran, dass das Wort Gottes lebendig und kräftig ist; es dringt durch bis zur Wahrheit und erkennt und beurteilt die Gesinnungen des Herzens.

Weiter lesen wir in Hebräer 4,13: „Und kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor den Augen Gottes, dem wir Rechenschaft geben müssen.“

Dieser Punkt wird für uns in Jeremia 17,9-10 bekräftigt: „Überaus trügerisch ist das Herz und bösartig; wer kann es ergründen? Ich, der HERR, erforsche das Herz und prüfe die Nieren, um jedem Einzelnen zu vergelten entsprechend seinen Wegen, entsprechend der Frucht seiner Taten“ (Schlachterbibel).

Anders als der Offizier, der wegen dieses Brandes seine Bestrafung erhielt, bietet Gott uns die Möglichkeit an, dass uns unsere Übertretungen vergeben werden, wenn wir Reue zeigen. Er degradiert uns nicht; er vergibt, wenn wir aufrichtig sind, und lässt uns weiter voranschreiten. Reue ist also die logische Folge der Rechenschaftspflicht. Wir können um Vergebung bitten, wenn wir aufrichtig sind, bereuen und uns unsere Sünden eingestehen.

Auch untereinander sind wir zur Rechenschaft verpflichtet. Wir verletzen uns gegenseitig allzu leicht und tun uns schwer damit, uns zu entschuldigen. Es geht um mehr als ein einfaches Gefühl. Wir sind aufeinander angewiesen, und als wahre Christen ist unsere Rechenschaftspflicht gegenüber Gott und unseren Geschwistern von grundlegender Bedeutung. Paulus veranschaulicht uns dies in 1.Korinther 12,20-26. Beachten Sie seine Worte: „Nun aber sind es viele Glieder, aber der Leib ist einer. Das Auge kann nicht sagen zu der Hand: Ich brauche dich nicht; oder auch das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht. Vielmehr sind die Glieder des Leibes, die uns die schwächsten zu sein scheinen, die nötigsten; und die uns am wenigsten ehrbar zu sein scheinen, die umkleiden wir mit besonderer Ehre; und bei den unanständigen achten wir besonders auf Anstand; denn die anständigen brauchen’s nicht. Aber Gott hat den Leib zusammengefügt und dem geringeren Glied höhere Ehre gegeben, damit im Leib keine Spaltung sei, sondern die Glieder in gleicher Weise füreinander sorgen.“

Letztendlich werden wir vor Gott stehen und Rechenschaft ablegen müssen für alles, was wir im Leben getan haben. Es wäre besser, wenn wir uns das jeden Tag bewusst machen und uns korrigieren, wenn die Notwendigkeit besteht. Das ist der Standard, den Gott für sein Volk bestimmt hat und für den wir zur Rechenschaft gezogen werden.

Verfasser: Frank Bruno

Ursprüngliche Übersetzung: Daniel Blasinger