Frage: Könnten Sie bitte die Textstelle in 1. Könige 15,5 erläutern?
Antwort: In 1. Könige 15,5 heißt es: „…weil David getan hatte, was dem HERRN wohlgefiel, und nicht gewichen war von allem, was er ihm gebot, sein Leben lang, außer in der Sache mit Uria, dem Hetiter.“
Die Übertretung Davids in der Angelegenheit mit Uria, dem Hetiter, wird im 11. und 12. Kapitel des Buches 2. Samuel geschildert. David brach die Ehe Urias mit seiner Frau Batseba, und versuchte sein Vergehen zu vertuschen, indem er Uria im Krieg umkommen ließ, um letztendlich Batseba heiraten zu können. „Aber dem HERRN mißfiel die Tat, die David getan hatte“ (2. Samuel 11,27). Als David wieder zu Verstand kam und erkannte, was er überhaupt getan hat, sandte Gott Nathan zu ihm, welcher sprach: „Warum hast du denn das Wort des HERRN verachtet, daß du getan hast, was ihm mißfiel? Uria, den Hetiter, hast du erschlagen mit dem Schwert, seine Frau hast du dir zur Frau genommen, ihn aber hast du umgebracht durchs Schwert der Ammoniter. Nun, so soll von deinem Hause das Schwert nimmermehr lassen, weil du mich verachtet und die Frau Urias, des Hetiters, genommen hast, daß sie deine Frau sei“ (2. Samuel 12, 9.10). Nathan fügte hinzu: „Aber weil du die Feinde des HERRN durch diese Sache zum Lästern gebracht, wird der Sohn, der dir geboren ist, des Todes sterben“ (2. Samuel 12,14).
Davids Verhalten in der Sache mit Uria stellt eine große Sünde dar. Das heißt aber nicht, dass dies die einzige Sünde Davids gewesen war. Die Textstelle in 1. Könige 15,5, wie zu Beginn zitiert, muss im Kontext mit anderen Textpassagen verstanden werden. Zum Beispiel folgendes Zitat aus 1. Könige 14,8: „[…] Du aber bist nicht gewesen wie mein Knecht David, der meine Gebote hielt und mir von ganzem Herzen nachwandelte, daß er nur tat, was mir wohlgefiel.“ Für sich genommen, sagt diese Stelle aus, dass David nie gesündigt hat, nicht einmal im Falle Uria.
Ähnliches bringt Paulus in Apostelgeschichte 13,22 zum Ausdruck: „Und als er diesen verstoßen hatte, erhob er David zu ihrem König, von dem er bezeugte: ‚Ich habe David gefunden, den Sohn Isais, einen Mann nach meinem Herzen, der soll meinen ganzen Willen tun.'“ Ein oberflächliches Textverständnis könnte uns abermals glauben lassen, dass David überhaupt nie gesündigt habe.
Doch die Wahrheit ist: David sündigte in vielerlei Hinsicht. Zum Beispiel, als er an seinem Lebensende das Volk zählen ließ: „Aber das Herz schlug David, nachdem das Volk gezählt war. Und David sprach zum HERRN: Ich habe schwer gesündigt, daß ich das getan habe. Und nun, HERR, nimm weg die Schuld deines Knechts; denn ich hab sehr töricht getan“ (2. Samuel 24,10).
David sündigte wahrlich mehr als ein Mal. Beachten wir seine Worte im Psalm 38,5: „Denn meine Sünden gehen über mein Haupt; wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer geworden.“ Sowie im Psalm 40,13: „[…] Meine Sünden haben mich ereilt; ich kann sie nicht überblicken. Ihrer sind mehr als Haare auf meinem Haupt […].“ Richten wir auch unser Augenmerk auf Psalm 25,18: „Sieh an meinen Jammer und mein Elend und vergib mir alle meine Sünden!“
Die Bibel stellt eindeutig klar, dass jeder — auch nach der Bekehrung –sündigt und dass es keinen Menschen gibt bzw. gab — außer Jesus Christus — der nicht sündigt oder gesuendigt hat (siehe 1. Könige 8,46). Hiob dachte, dass er nicht der Sünde schuldig sei, jedoch täuschte er sich selbst damit (vgl. 1. Johannes 1,8). Er war durch seine Selbstgerechtigkeit schuldig geworden, „weil er sich selber für gerechter hielt als Gott“ (Hiob 32,2). Gott musste mit Hiob wegen seiner Hochmütigkeit streng verfahren, so dass er auf den Boden der Tatsachen gelangte (vgl. Hiob 42,6).
In der Schrift heißt es auch, dass Gott unsere Sünden nicht nur vergibt, sondern auch vergisst, wenn wir ihm unsere Sünden eingestehen (vgl. 1. Johannes 1,9). Gott „reinigt uns von aller Ungerechtigkeit“ (1. Johannes 1,9), und er wird sich nicht mehr an unsere Sünden erinnern (siehe Jeremia 31,34).
David war ein aufrichtiger Mann. Wenn er sündigte, bereute er seine Tat und bat Gott um Verzeihung. Er versuchte nicht, seine Sünden zu verbergen: „[D]enn ich erkenne meine Missetat, und meine Sünde ist immer vor mir. An dir allein habe ich gesündigt und übel vor dir getan [Psalm 51,5.6]. […] Entsündige mich mit Ysop, daß ich rein werde; wasche mich, daß ich schneeweiß werde [Psalm 51,9]. […] Verbirg dein Antlitz vor meinen Sünden, und tilge alle meine Missetat. Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist. Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir [Psalm 51,11-13].“
Wenn Gott Suenden verzeiht, will er ihrer nicht mehr gedenken. David wusste, woher seine Gerechtigkeit kam: „[D]er wird den Segen vom HERRN empfangen und Gerechtigkeit von dem Gott seines Heiles“ (Psalm 24,5). Dies bestätigen Textstellen, wie 2. Korinther 5,21 und Philipper 3,7-9, denn es ist Gottes Gerechtigkeit in uns, die uns gerecht werden lässt.
Gott sagt, dass ihm David von ganzem Herzen gehorsam war. Er vergab ihm all seine Sünden und vergaß sie überdies, wenn David sie bereute. Deswegen konnte Gott auch sagen: „[…] mein Knecht David, der meine Gebote hielt und mir von ganzem Herzen nachwandelte, daß er nur tat, was mir wohlgefiel“ (1. Könige 14,8).
So vergab Gott auch Davids Vergehen in der Sache mit Uria. In der einen Passage in 1. Könige 15,5 macht Gott uns noch einmal auf diese Angelegenheit aufmerksam — nicht, weil er David nicht exkulpiert haette, sondern weil diese Sünde in eine andere Kategorie gehört. Es war sicherlich keine unverzeihliche Tat, denn David wird in Gottes Königreich sein (vgl. Jeremia 30,9; Hosea 3,5). Es war jedoch auch keine Sünde, die einer vorübergehenden Schwäche, die ihn überkam, zuzurechnen ist. Sie war vorsätzlich geplant, denn David dachte sorgfältig darüber nach, wie er die Sünde mit Batseba vertuschen koennte, bis er sich zu dem Mord an Uria entschloss. Gott bringt die Sache mit Uria noch einmal zur Sprache, weil er so sehr über die Schwere der Tat Davids bekuemmert war, und weil er den Leser die furchtbaren Folgen dieser Sünde für David und seinen ganzen Haushalt vor Augen führen will.
Wenn wir sündigen und unsere Sünde dann vor Gott bekennen, wird Gott barmherzig sein und uns vergeben: „Wer seine Sünde leugnet, dem wird’s nicht gelingen; wer sie aber bekennt und läßt, der wird Barmherzigkeit erlangen“ (Sprüche 28,13). Wir sollen nicht sündigen (siehe 1. Johannes 2,1), aber als Menschen werden wir sündigen (siehe 1. Johannes 1,8.9). Nach der gnädigen Vergebung (vgl. Römer 11,27) wird Gott unserer Sünden nicht mehr gedenken (vgl. Hebräer 8,12). Das zeigt uns, dass wir uns bemühen sollten, dasselbe zu tun. Wenn wir vergeben, müssen wir auch vergessen. David sündigte auf vielerlei Art, wie wir alle auch, und Gott verzieh ihm jedes Mal. In Gottes Augen hielt David seine Gebote ein: er wandelte mit ihm mit ganzem Herzen und tat nur das, was in Gottes Augen recht war.