Bitte erklären Sie das Konzept, ein „inwendiger“ Jude zu sein, das in Römer 2,28-29 erwähnt wird.

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Der zugrundeliegende Schwerpunkt dieser Aussage findet sich in der Erklärung des Paulus über das wahre Christentum. Beachten Sie die einleitenden Kommentare seines Briefes an die Römer:

„Paulus, ein Knecht Christi Jesu, berufen zum Apostel, ausgesondert zu predigen das Evangelium Gottes, das er zuvor verheißen hat durch seine Propheten in der Heiligen Schrift, von seinem Sohn Jesus Christus, unserm Herrn, der geboren ist aus dem Geschlecht Davids nach dem Fleisch, und nach dem Geist, der heiligt, eingesetzt ist als Sohn Gottes in Kraft durch die Auferstehung von den Toten. Durch ihn haben wir empfangen Gnade und Apostelamt, in seinem Namen den Gehorsam des Glaubens aufzurichten unter allen Heiden, zu denen auch ihr gehört, die ihr berufen seid von Jesus Christus. An alle Geliebten Gottes und berufenen Heiligen in Rom: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“ (Römer 1,1-7). 

In dieser Einleitung stellt Paulus fest, dass Jesus Christus als ein Jude geboren wurde. Dies wird in vielen Schriftstellern bestätigt, wie z.B. in 1.Mose 49,10; Jesaja 11,1; Micha 5,1; Lukas 3,23-38; Hebräer 7,14 und in Offenbarung 5,5. Außerdem offenbart uns Christus selbst, dass das „Heil von den Juden kommt“  (Johannes 4,22).

Im Römerbrief schreibt Paulus weiter:

„Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen“ (Römer 1,16). 

Ging es um die Verheißungen Gottes, so war die Frage, wer ein Jude ist und zum Judentum gehört, zur Zeit des Paulus eine sehr kontroverse Angelegenheit—nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Kirche Gottes. Die offensichtlichste, physische Identifikation männlicher Juden war die Beschneidung. Die Heiden praktizierten sie im Allgemeinen nicht. Jedoch war der Brauch der Beschneidung im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt für die Juden zu einem Ritual geworden. Diese physische Prozedur galt ihnen als Garantie für eine gerechte Beziehung zu Gott—dies war jedoch ein falsches Vertrauen und ein vergebliches Religionsbekenntnis. 

Die Beschneidung war, wie uns Paulus im Hinblick auf Abraham erklärt, lediglich ein äußerliches Zeichen: 

„Das Zeichen der Beschneidung aber empfing er als Siegel der Gerechtigkeit des Glaubens, den er hatte, als er noch nicht beschnitten war. So sollte er ein Vater werden aller, die glauben, ohne beschnitten zu sein, damit auch ihnen der Glaube gerechnet werde zur Gerechtigkeit; und ebenso ein Vater der Beschnittenen, wenn sie nicht nur beschnitten sind, sondern auch gehen in den Fußtapfen des Glaubens, den unser Vater Abraham hatte, als er noch nicht beschnitten war“

(Römer 4,11-12).

Den wahren Zweck des „Zeichens der Beschneidung“ offenbart das Alte Testament:

„So beschneidet denn die Vorhaut eures Herzens und zeigt euch nicht länger halsstarrig!“ (5. Mose 10,16,Menge Bibel; ebenfalls Jeremia 4,4 und 5. Mose 30,6)

Paulus führt diese Lehre in Römer 2,28-29 weiter fort: 

„Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist, auch ist nicht das die Beschneidung, die äußerlich am Fleisch geschieht; sondern der ist ein Jude, der es inwendig verborgen ist, und das ist die Beschneidung des Herzens, die im Geist und nicht im Buchstaben geschieht. Das Lob eines solchen ist nicht von Menschen, sondern von Gott.“

Der Stolz der religiösen Führer des Judentums hatte sie verblendet. Als Johannes der Täufer die Pharisäer und Sadduzäer konfrontierte, die zu ihm kamen, um getauft zu werden, sagte er:

„Zeigt durch Taten, dass ihr wirklich zu Gott umkehren wollt! Bildet euch nur nicht ein, ihr könntet euch damit herausreden: ›Abraham ist unser Vater!‹ Ich sage euch: Gott kann selbst aus diesen Steinen hier Nachkommen für Abraham hervorbringen“ (Matthäus 3,8-9, Hoffnung für Alle). 

Als Jesus die Juden lehrte, die ihm nachfolgten, dass sie die Wahrheit erlernen und dadurch frei werden konnten, antworteten sie ihm voller Arroganz:

„… Wir sind Abrahams Kinder und sind niemals jemandes Knecht gewesen. Wie sprichst du dann: Ihr sollt frei werden?“ (Johannes 8,33). 

Jesus antwortete:

„…Wenn ihr Abrahams Kinder wärt, so tätet ihr Abrahams Werke“ (Johannes 8,39).

Anhand dieser beiden Beispiele sehen wir, dass die bloße physische Abstammung von Abraham keineswegs für die Juden die inwendigen Voraussetzungen der Reue oder des Verständnisses der Wahrheit Gottes erfüllte. Darüber hinaus beruht auch die Hoffnung auf das ewige Heil nicht auf der physischen Abstammung. Beachten Sie, was jenen verheißen ist, die „im Geist“ leben, also jenen, die „inwendige“ Juden und damit wahre Christen sind: 

„Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus. Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Kinder und nach der Verheißung Erben“ (Galater 3,26-29).

Das Neue Testament verweist auf die Beschneidung und zeigt, dass diese physische Vorgehensweise nicht mehr notwendig war (vergleichen Sie Apostelgeschichte 15,1-29); dennoch gab es die lautstarke Forderung einiger jüdischer Christen, die Heiden zu beschneiden, die sich zum Christentum bekehrten. Der Brief an die Galater spricht diese falsche Lehre an. Während es durchaus nicht falsch ist, neugeborene Babys am achten Tag zu beschneiden (jedoch mit dem Verständnis, dass die Beschneidung kein Gesundheitsgesetz ist oder jemals war), so wäre es falsch, die Beschneidung aus dem Glauben heraus durchzuführen, dass sie eine noch heute gültige, biblische Anordnung wäre, aufgrund derer man Rechtfertigung und Erlösung erlangen könnte.

Paulus machte sehr deutlich, dass, wenn wir auf diese Weise denken und handeln,  Christus uns nichts nützt (Galater 5,2), und wir aus der Gnade gefallen sind (Vers 4)—der Notwendigkeit von Gottes Hilfe und seiner Vergebung—weil wir die Vergebung der Sünden durch Christi Opfer ablehnen würden.

Lassen Sie uns die Schlussfolgerung des Paulus beachten:

„Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern eine neue Kreatur. Und alle, die sich nach diesem Maßstab richten – Friede und Barmherzigkeit über sie und über das Israel Gottes!“ (Galater 6,15-16; vergleichen Sie Römer 9,6).

Über dieses „Israel Gottes“ schreibt Paulus weiter, wenn er erklärt, was es bedeutet, „inwendig“ ein Jude zu sein: 

„Denn wir sind die (rechte) Beschneidung (d.h. das wahre Israel…), die wir Gott im Geiste dienen und unsern Ruhm in Christus Jesus suchen und unser Vertrauen nicht auf das Fleisch… setzen“ (Philipper 3,3,Menge Bibel).

Folglich sind wahre Christen „inwendige Juden“, weil sie durch den Heiligen Geist Gottes, der in ihnen wohnt, geistlich in ihren Herzen beschnitten sind.

Verfasser: Dave Harris