Was hat Gott gemeint?

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Während unseres regelmäßigen Bibelstudiums stoßen wir möglicherweise auf eine Schriftstelle, die auf den ersten Blick schwer zu verstehen sein mag, und die weiteres Nachdenken, Nachforschen, Gebet und Meditation erfordert. Petrus sagte einmal, dass Paulus „einige Dinge [geschrieben hat, die] schwer zu verstehen sind“ (2.Petrus 3,16). Er warnte eindringlich davor, diese Schriften zu unserer eigenen Verdammnis zu verdrehen. Ein grundlegendes Prinzip, das man sich immer vor Augen halten sollte, ist, dass die Bibel sich niemals selbst widerspricht. Ein weiterer Grundsatz ist, dass Gott seine Wahrheit wie folgt offenbart: „Vorschrift auf Vorschrift, Vorschrift auf Vorschrift; Satzung auf Satzung, Satzung auf Satzung, hier ein wenig, da ein wenig“ (Jesaja 28,10; Schlachterbibel).

Eine dieser Stellen, auf die ich mich unlängst konzentriert habe, ist Maleachi 1,11, wo wir lesen:

„‚Denn vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang ist mein Name groß unter den Völkern, und überall werden meinem Namen Weihrauch und Opfer dargebracht, und zwar reine Gaben; denn groß ist mein Name unter den Völkern‘ – so spricht der HERR der Heerscharen“ (Menge Bibel). Die revidierte Lutherbibel 2017 schreibt deutlicher, dass Gott „an allen Orten“ Opfer dargebracht werden.

Mir stellte sich folgende Frage: Sagt uns diese Stelle, dass im Millennium oder sogar schon vorher Israeliten und Heiden Gott Tieropfer und Opfergaben „überall“ oder „an allen Orten“ darbringen werden, wo immer sie wollen, und dass Gott solche religiöse Anbetung akzeptieren wird?

Wenn dem so ist, dann hätten wir uns mit den Bemerkungen sehr geirrt, die wir in Kapitel 8 in unserer neuen Broschüre „Die biblische Prophezeiung—von nun an bis in Ewigkeit!“ gemacht haben. Dort haben wir erklärt, dass zu Beginn des Millenniums, während der ersten dreieinhalb Jahre der Herrschaft Christi, Gott in einem neuen Tempel Tieropfer von den verlorenen Schafen des Hauses Israel dargebracht werden, aber keineswegs „an allen Orten“ auf der ganzen Erde. Wir haben ebenfalls darauf hingewiesen, dass der dritte Tempel, in dem die Opfer dargebracht werden, ausschließlich im Zusammenhang mit dem Haus Israel erwähnt wird.

Wir sagten auch folgendes:

„Physische Israeliten werden zu Beginn des Millenniums Tieropfer in einem neuen Tempel in Jerusalem darbringen. Diese Opfer werden keineswegs zum Zwecke der Erlangung geistlicher Vergebung erbracht werden, sondern lediglich, um die Menschen daran zu erinnern, dass sie gesündigt haben, und um ihnen dabei zu helfen, sich auf das höchste Opfer Jesu Christi zu konzentrieren. Wie es zu alttestamentlichen Zeiten der Fall war, so werden auch diese Opfer nur von vorübergehender Natur sein und von physischen levitischen Priestern für physische, unbekehrte Menschen erbracht werden, um es dem Übertreter und Sünder zu ermöglichen, innerhalb der Gemeinschaft Israels zu verbleiben.“

Es finden sich keinerlei Hinweise in der Bibel darauf, dass Heiden Gott Tieropfer darbringen werden, bevor das Millennium beginnt; noch, dass sie an allen Orten dargebracht werden. Juden (nicht Heiden) werden für eine kurze Zeit Opfer in Jerusalem bringen, keineswegs an allen Orten, aber auch diese Opfer werden durch die europäische Tiermacht unterdrückt werden. Und nachdem das Millennium begonnen hat, lesen wir, dass Ägypter, die Gemeinschaft mit den Israeliten haben wollen, Schlachtopfer und Speisopfer bringen werden (Jesaja 19,21). Jedoch angesichts all der Passagen in den Kapiteln 40 bis 47 im Buch Hesekiel, ist die Implikation, dass dies im dritten Tempel geschehen wird und nicht „an allen Orten“, die sie sich selbst erwählen mögen.

Wie also, so fragte ich mich, sollen wir Maleachi 1,11 verstehen? Ich sah den im Kontext dargelegten Gegensatz zwischen denjenigen Israeliten, die den Namen Gottes entweihen, und denjenigen Heiden, die ihn ehren. Also begann ich darüber nachzusinnen, dass sich dies auf geistliche Opfer beziehen muss. Opfer, die wahre Christen bereits heute darbringen, und die sie im Millennium ebenfalls darbringen werden. Ich stellte fest, dass mehrere Kommentare zu demselben Schluss kamen.

Der Benson-Kommentar schreibt hierzu:  

„Gebete und Lobpreisungen sollen vor mir dargebracht werden als Weihrauch. Denn hier beschreibt der Prophet das christliche Opfer des Lobes und der Danksagung…“

Der Kommentar von Jamieson, Fausset and Brown fügte an:

„Da ihr jüdischen Priester und Menschen ,meinen Namen verachtet‘ (Maleachi 1,6), werde ich andere finden, die ihn verherrlichen werden (Matthäus 3,9). Denkt nicht, dass ich keine Anbeter haben werde, weil ich euch nicht habe. Denn vom Osten bis zum Westen wird mein Name groß sein unter den Heiden (Jesaja 66,19.20), unter eben jenen Völkern, auf die ihr als verachtenswert herabseht. Reine Opfergaben – nicht ‚die blinden, lahmen und kranken‘, wie ihr sie darbringt (Maleachi 1,8). … Der ‚Weihrauch‘ steht sinnbildlich für Gebete (Psalm 141,2; Offenbarung 8,3). Das Wort ‚Opfer‘ wird metaphorisch verwendet (Psalm 51,18; Hebräer 13,10.15.16; 1.Petrus 2,5.12).“

In der Cambridge Bible for Schools and Colleges heißt es:

„Unter ‚Weihrauch‘ und ‚Opfer‘ sind jene ‚geistlichen Opfer‘ des Gebets und des Lobes (Hebräer 13,15)… sowie der persönlichen Hingabe (Römer 12,1) zu verstehen, die alle Christen als ‚heilige Priesterschaft‘ (1.Petrus 2,5) darzubringen das Privileg haben und die ‚Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus‘. … Weihrauch war das Symbol des Gebets (Lukas 1,9-10). Der Psalmist sah die gleiche geistliche Bedeutung in ‚Weihrauch‘ und ‚Opfergabe‘ (Psalm 141,2).“

Ich habe auch andere Kommentare gefunden, die versuchen zu argumentieren, dass sich der von Heiden dargebrachte Weihrauch auf katholische Riten und Gottesdienste bezieht. Diese Erklärung konnte leicht verworfen werden, da Katholiken keineswegs zum Gott der Bibel beten, sondern zu einem dreieinigen Gott, wobei sie fälschlicherweise glauben, dass der Heilige Geist eine Person ist. Sie verherrlichen ganz sicher nicht den wahren Namen Gottes.

Und so spricht Maleachi 1,11 von wahren Christen, die geistliche Opfer darbringen. Die Bibelstelle bezieht sich im Besonderen auf jene Menschen heidnischer Abstammung, die zu den Erstlingsfrüchten in dieser Zeit gehören. Diese werden durch eines der beiden gesäuerten Webebrote symbolisiert, die zu Pfingsten als Opfer dargebracht werden mussten (3.Mose 23,17; Schlachterbibel). Paulus sagt uns in Römer 15,16, dass die Heiden ein Opfer werden, das Gott wohlgefällig ist, geheiligt durch den Heiligen Geist.

Die Suche nach dem richtigen Verständnis von Maleachi 1,11 dient uns als Beispiel dafür, wie wir Gottes Wort studieren sollen. Es mag Zeit, Mühe, Geduld und Hingabe an die Wahrheit erfordern, ohne voreilige Schlüsse zu ziehen (Jesaja 28,16; Elberfelder Bibel). Daniel hatte bezüglich einer Bibelstelle Fragen und musste mit Geduld auf Verständnis warten, bis ihm Gott die Bedeutung offenbarte (Daniel 9,20-23; 10,11-12.14). Jesus öffnete den Aposteln das Verständnis, sodass sie die Schrift verstehen konnten (Lukas 24,45). Andererseits gab es gewisse Prophezeiungen, die Daniel nicht verstehen würde, da es noch nicht an der Zeit war (Daniel 12,8-10).

Aber mit Meditation, Bibelstudium und Gebet werden wir Antworten erhalten, wenn Gott es will (Epheser 1,15-19), und diese Antworten werden Sinn ergeben und weitere Teile zu unserem Verständnis vom großen Mosaik dieses meisterhaften Werks Gottes hinzufügen – der Grundlage des Wissens – der Heiligen Bibel.

Verfasser: Norbert Link

Ursprüngliche Übersetzung: Daniel Blasinger