Wir werden Gott sehen!

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Wenn Menschen die Frage stellen, ob jemand schon einmal Gott gesehen hat, dann meinen sie gemeinhin Gott den Vater. Die Bibel ist eindeutig in ihrer Aussage, dass niemand Gott den Vater gesehen hat, ausgenommen in einer Vision. Wir erfahren dies aus Johannes 1,18: „Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt.“ Jesus Christus hat sich im Laufe der Geschichte auf vielerlei Weise kundgetan, auch durch physische Erscheinungsformen. Diese Erscheinungen sollten jedoch keineswegs damit verwechselt werden, Jesus Christus in seiner vollen Herrlichkeit erblickt zu haben.

Zum Beispiel offenbarte Jesus Christus sich Adam und Eva im Garten Eden (1.Mose 3,8-9). Seine Gegenwart war offenkundig, als er im Garten wandelte und mit ihnen sprach.

In 1.Mose 18,1-2 erfahren wir, dass Jesus Christus dem Abraham als Mensch erschien, zusammen mit zwei Engeln, die ebenfalls als Menschen auftraten. Aus 1.Mose 19,1 wissen wir, dass diese beiden Personen Engel waren. Christus und die beiden Engel aßen eine Mahlzeit, die Abraham für sie hatte zubereiten lassen. Später gingen die beiden Engel in Richtung Sodom, während Jesus Christus, der „HERR“, mit Abraham sprach (1.Mose 18,22).

In 1.Mose 32 rang Jakob die ganze Nacht hindurch mit Christus, und am Morgen gab er dem Ort den Namen Pnuël, was „Angesicht Gottes“ bedeutet. Denn, wie er sagte: „… ich habe Gott von Angesicht gesehen, und doch wurde mein Leben gerettet“ (1.Mose 32,31).

In Josua 5,13-15 erblickte Josua einen Mann, der ihm mit bloßem Schwert gegenüberstand. Josua fiel auf sein Angesicht zur Erde nieder und betete an, woraus wir ersehen können, dass dies ebenfalls eine Erscheinung von Jesus Christus, dem HERRN, war.

Wenn wir uns das Beispiel von Mose ansehen, so erfahren wir in 2.Mose 33,11: „Der HERR aber redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freunde redet…“ In all diesen bisher erwähnten Beispielen erschien der HERR, beziehungsweise Jesus Christus, als Mensch und nicht als ein verherrlichtes Geistwesen. In 2.Mose 33,18 bat Mose jedoch darum, Gottes Herrlichkeit zu sehen. In Vers 20 antwortete Gott oder Jesus Christus und sagte: „Du kannst ⟨es⟩ nicht ⟨ertragen⟩, mein Angesicht zu sehen, denn kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben“ (Elberfelder Bibel). In Vers 23 lesen wir, dass Gott Mose zwar gestattete, hinter ihm her zu sehen, jedoch nicht sein Angesicht zu schauen. Gott erklärte später, dass Mose den HERRN in seiner Gestalt sieht (4.Mose 12,8).

In diesen Beispielen hatten Männer und manchmal auch Frauen die Erscheinung Gottes, und zwar Jesus Christus, gesehen, jedoch nicht in seiner in Offenbarung 1,12-18 beschriebenen vollumfänglichen Herrlichkeit. Ein gewisses Ausmaß der Herrlichkeit Christi wurde den Menschen allerdings offenbart. In 2.Mose 16,7.10 sah die ganze Gemeinde der Israeliten die Herrlichkeit des HERRN, die in einer Wolke erschien. Auch Hesekiel sah die Herrlichkeit Christi in einer Vision (Hesekiel 1,26-28). Bemerkenswert ist die Aussage König Davids in Psalm 17,15: „Ich aber werde dein Angesicht schauen in Gerechtigkeit, an deinem Anblick mich sättigen, wenn ich erwache“ (Schlachterbibel). Die King James Bible bringt es so: „Ich werde gesättigt sein, wenn ich in Deinem Bilde erwache.“ Hier erwartet David, das verherrlichte Angesicht Christi und seine verherrlichte Gestalt zu sehen, wenn er in Gottes Bild erwacht. Damit ist keineswegs nur das Erwachen am Morgen gemeint, so wie manche Kommentare behaupten. Stattdessen verwendete David den Begriff des Erwachens aus dem „Schlaf“ als Symbol für den Tod, wie wir in Psalm 13,4 lesen: „Schau her und erhöre mich, o HERR, mein Gott! Erleuchte meine Augen, dass ich nicht in den Todesschlaf versinke“ (Schlachterbibel). Er wusste, dass er Gottes Angesicht nicht in voller Herrlichkeit erblicken würde, bis er gestorben und wieder auferstanden war. Er wird ebenfalls gewusst haben, dass Mose nicht in der Lage war, Gottes verherrlichtes Antlitz zu sehen, solange er noch ein Mensch war.

Ein weiteres Beispiel für diese Wortwahl findet sich in 2.Könige 4,31. Hier hatte eine Frau nach Elisas Verheißung auf wundersame Weise einen Sohn empfangen, aber der Sohn war gestorben: „Gehasi aber ging vor ihnen hin und legte den Stab dem Knaben aufs Antlitz: da war aber keine Stimme und kein Empfinden. Und er ging zurück Elisa entgegen und sagte ihm: Der Knabe ist nicht aufgewacht.“  Elisa unternahm es dann, den Jungen wieder zum Leben zu erwecken. Auch hier wird diese physische Auferstehung als ein Aufwachen aus dem Schlaf betrachtet.

Wie David in Psalm 17,15 sagte, würde er sich daran sättigen, Gott gleichgestaltet, oder ein aus Geist bestehendes, verherrlichtes Gottwesen zu sein und für immer bei Gott zu sein. Dies war für ihn weitaus wertvoller als vorübergehende physische Besitztümer. Er erkannte auch, dass er zu der Zeit gerecht sein würde. Über jene Zeit hatte er im vorhergehenden Kapitel, in Psalm 16,11, geschrieben: „Du weisest mir den Weg des Lebens: vor deinem Angesicht sind Freuden in Fülle und Segensgaben in deiner Rechten ewiglich“ (Menge Bibel). Er hatte mit Sicherheit verstanden, worauf er sich freute.

Selbstverständlich gilt dies nicht nur für David. Die gleiche Verheißung Gottes wird uns in Matthäus 5,8 gegeben: „Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.“ Diese Ermutigung wird uns auch in 1.Korinther 13,12 gegeben: „Jetzt sehen wir wie in einem blank polierten Stück Metall nur rätselhafte Umrisse, dann aber werden wir alles direkt zu Gesicht bekommen. Jetzt erkenne ich nur Teile des Ganzen, dann aber werde ich so erkennen, wie ich von Gott erkannt worden bin“ (Neue evangelistische Übersetzung 2020).

Der Apostel Johannes hebt diese Zukunft für uns in 1.Johannes 3,2-3 noch einmal hervor: „Geliebte, (schon) jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir (dereinst) sein werden. Wir wissen jedoch, daß, wenn diese Offenbarung eintritt, wir ihm gleich sein werden; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Und jeder, der diese Hoffnung auf ihn setzt, reinigt sich, gleichwie er (auch) rein ist“ (Menge Bibel). Dies ist im Grunde eine Wiederholung von Davids Erwartung in Psalm 17. Wir werden Christus in seiner vollen Herrlichkeit erblicken, so wie er ist, denn wir werden ihm gleich sein, oder besser, wir werden vom Wesen her mit ihm identisch sein. Wir werden sein verherrlichtes, himmlisches Bild tragen (1.Korinther 15,49; 2.Korinther 3,18), so wie Christus das verherrlichte Ebenbild des Vaters trägt (Kolosser 1,15; 2.Korinther 4,4). Wir lesen, dass, wenn das himmlische Jerusalem auf die neue Erde herabkommt, wir auch das verherrlichte Antlitz Gottes des Vaters sehen werden (Offenbarung 22,4).

Aber natürlich gibt es Voraussetzungen. David wusste, dass er Gott in Gerechtigkeit sehen würde, und er schrieb in Psalm 15,1-2: „… HERR, wer darf weilen in deinem Zelt? Wer darf wohnen auf deinem heiligen Berg? Wer in Unschuld wandelt und Gerechtigkeit übt und die Wahrheit redet von Herzen“ (Schlachterbibel). Und in Psalm 119,172 lesen wir: „Denn alle deine Gebote sind Gerechtigkeit“ (Elberfelder Bibel).

In Matthäus 5,8 und 1.Johannes 3,3 lesen wir weiterhin, dass diejenigen, die Gott schauen werden, reinen Herzens sind – jene, die sich gereinigt haben. Hieraus ersehen wir, dass Gott uns in einer Auferstehung aus dem Todesschlaf erwecken oder uns, wenn wir zum Zeitpunkt der Widerkehr Christi noch leben, zu Geistwesen verwandeln wird. Aber wir müssen danach streben, rechtschaffen zu handeln, und unsere Herzen und unser Leben rein zu halten.

Verfasser: Paul Niehoff

Ursprüngliche Übersetzung: Daniel Blasinger